Newsletter Hamburger Expertenkreis – Ausgabe 2024

Am Microbiome Hub des University Medical Center Groningen wird das Mikrobiom in allen Facetten vermessen. Prof. dr. Rinse K. Weersma berichtet, was ein gesundes Mikrobiom ausmacht und wie man es erreichen kann.

Was ist eigentlich ein gesundes Mikrobiom? Antworten auf diese und andere zentrale Fragen gibt das niederländische „Lifelines“-Mikrobiomprojekt mit mehr als 8.500 Teilnehmenden, bei denen Stuhlproben metagenomisch sequenziert und die Profile mit 241 Wirts- und Umweltfaktoren korreliert wurden.1 Die Datensätze ergaben erstmals ein Bild, welche Bakterien mit Gesundheit und welche mit Krankheit verbunden sind.

Zucker fördert entzündliches Mikrobiom

Großen Einfluss auf das Mikrobiom hat die Ernährung. Das zeigt eine Studie, in der metagenomische Analysen der Stuhlproben von 1.425 Personen mit Ernährungsmustern verknüpft wurden. Teilnehmende waren gesunde und kranke Personen mit CED und Reizdarmsyndrom.2 Bei einem Speiseplan mit vielen tierischen und verarbeiteten Lebensmitteln, Alkohol und Zucker vermehrten sich vor allem krankheitsassoziierte, proinflammatorische Bakterien. Außerdem waren die Calprotectinwerte im Darm erhöht. Unter einem mediterranen Speiseplan mit viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Vollkorn, Fisch, Olivenöl und Nüssen dominierten dagegen gesundheitsassoziierte, antiinflammatorische Bakterien und das Calprotectin war niedriger. Diese Effekte waren bei allen Teilnehmenden nachweisbar, sind also auch für CED-Betroffene relevant.

Auch Medikamente modulieren das Mikrobiom, insbesondere Antibiotika, Metformin, Antidepressiva, Laxanzien und Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI).3 Vor allem die Einnahme von PPI fördert das Wachstum krankheitsassoziierter Bakterien, während nützliche Kommensale zurückgedrängt werden. Ergebnis ist eine geschwächte Kolonisationsresistenz mit einem erhöhten Risiko für Clostridioides-difficile-Infektionen.4

Mikrobiom und Tumortherapie

Das Mikrobiom beeinflusst auch die Reaktion auf eine Tumortherapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI). Bestimmte Bakteriengruppen korrelieren klar mit dem Ansprechen bzw. Nicht-Ansprechen auf ICI.5 Zu den bisherigen Daten passen die Ergebnisse von zwei Studien bei Personen mit fortgeschrittenem Melanom, in denen eine mediterrane Diät das Ansprechen auf ICI verbesserte und die Einnahme von PPI das Ansprechen verschlechterte.6,7 Ob diese Effekte mikrobiomvermittelt sind, müssen weitere Studien zeigen.

Fazit für die Praxis

Mediterrane Ernährung und das Meiden von Medikamenten wie PPI fördern ein antientzündliches Mikrobiom, das zur Prävention u. a. von CED beitragen könnte.

Prof. Dr. med. Rinse K. Weersma

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Literatur:

1 Gacesa R. et al. Nature. 2022; 604(7907): 732-9.
2
Bolte LA et al. Gut. 2021; 70(7): 1287-98.
3
Vich Vila A et al. Nat Commun. 2020; 11(1): 362.
4
Imhann F et al. Gut. 2016; 65(5): 740-8.
5
Bjork JR et al. Nat Med. 2024; 30(3): 785-96.
6
Bolte LA et al. JAMA Oncol. 2023; 9(5): 705-9.
7
Chalabi M et al. Ann Oncol. 2020; 31(4): 525-31.

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