Antibiotikaresistenzen: Die Tricks der Salmonellen

Newsletter Hamburger Expertenkreis – Ausgabe 4-2021

Antibiotikaresistenzen:
Die Tricks der Salmonellen

Salmonellen schützen sich doppelt gegen Antibiotika: Sie nehmen Resistenzplasmide auf und verwandeln sich im Darmgewebe zu Persistern. Ob das die Verbreitung von Resistenzplasmiden in der Mikrobiota fördert, erforscht Prof. Dr. rer. nat. Wolf-Dietrich Hardt, ETH Zürich.

Salmonellen haben sich vor circa 140 Millionen Jahren aus einem kommensalen E. coli-Stamm durch Aufnahme zusätzlicher Virulenzgene zu pathogenen Enterobakterien entwickelt. Ein wichtiger Vertreter ist Salmonella Typhimurium; er verursacht häufig lebensmittelbedingte Diarrhoen, meist durch kontaminierte Nahrungsmittel tierischen Ursprungs.1 Überwindet S. Typhimurium die Kolonisierungsresistenz der Mikrobiota und löst eine Infektion aus, vermehren sich die Bakterien nicht nur im Darmlumen, sondern invadieren auch ins Darmgewebe. Dort induzieren sie eine Abwehrreaktion des darmassoziierten Immunsystems, die 90-95 % der Bakterien tötet. Die restlichen 5-10 % überleben in Gewebereservoirs im Darm. Von dieser Population übersteht wiederum 5-10 % eine orale Antibiotikatherapie. Das sind Persister: Sie haben einen minimierten Stoffwechsel, wodurch ihnen Antibiotika nichts mehr anhaben können. Als „Schläfer“ können sie monatelang im Gewebe verharren. Wenn die Bedingungen günstig sind, werden sie wieder aktiv, vermehren sich, besiedeln auch wieder das Darmlumen und lassen die Infektion erneut aufflammen.2,3

Schläfer beherbergen Resistenzplasmide

Neben dem Switch zum Persister haben Salmonellen eine weitere Strategie, sich vor Antibiotika zu schützen: Sie können Plasmide tragen, also kleine DNA-Stücke mit Resistenzgenen, die gängige Antibiotika komplett unwirksam machen. Experimente mit Mäusen zeigen: Treffen plasmidtragende Persister von S. Typhimurium in hoher Dichte im Darmlumen auf hohe Dichten des kommensalen E. coli, übertragen sie das Plasmid bis zu 100 %. Die E. coli werden so zu antibiotikaresistenten, plasmidtragenden Bakterien, so genannten Transkonjuganten.

Umgekehrt können Salmonellen-Persister Plasmide von anderen Bakterien aufnehmen, wenn sie reaktiviert sind, ins Darmlumen wandern und sich dort vermehren. Dann folgt der bekannte Kreislauf: Ein kleiner Teil zieht sich ins Darmgewebe zurück und bildet eine neue Persister-Population mit neuen Plasmiden. Gelangen diese Persister bei der nächsten Runde wieder ins Darmlumen, geben sie das Plasmid an weitere Rezipienten in der Mikrobiota weiter. Auf diesem Weg verwandeln Salmonellen den Wirt in eine Art Langzeitreservoir für Resistenzplasmide beliebiger Art.2

Fazit für die Praxis

Um die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen zu bekämpfen, könnte neben dem restriktiven Einsatz von Antibiotika auch die Prävention von Infektionen helfen, etwa durch wirksame Hygienemaßnahmen oder Impfungen.

Prof. Dr. rer. nat. Wolf-Dietrich Hardt

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Literatur:

1
Desai PT et al. mBio. 2013; 4(2): e00579-12.
2 Bakkeren E et al. Nature. 2019; 573(7773): 276-80.
3 Bakkeren E, Diard M, Hardt WD. Nat Rev Microbiol. 2020; 18(9): 479-90.

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