Mikrobiota prägt schubauslösende Immunzellen

Newsletter Hamburger Expertenkreis – Ausgabe 1-2022

Die Mikrobiota prägt eine Subgruppe von T-Zellen, die bei CED-Patienten Entzündungen im Darm auslösen. Könnte sie genutzt werden, um Schübe zu verhindern? Hintergründe und Perspektiven erklärt PD Dr. med. Sebastian Zundler, Universitätsklinikum Erlangen.

Im Fokus der CED-Forschung stehen derzeit Immunzellen, die vermutlich eine Schlüsselrolle bei der Auslösung von Entzündungsschüben spielen: die intestinalen gewebsansässigen Gedächtnis-T-Zellen, kurz TRM-Zellen (TRM = tissue resident memory). Im Gegensatz zu anderen T-Zellen zirkulieren sie nicht im Blut, sondern heften sich über spezifische Oberflächenrezeptoren an das Darmepithel.1 Im Vergleich zu Gesunden kommen intestinale TRM-Zellen bei CEDPatienten vermehrt vor und weisen einen Phänotyp auf, der besonders viel proinflammatorisches TNF-α produziert. Je länger die Krankheit besteht, desto mehr dieser TRMZellen sind im Gewebe nachweisbar und desto schlechter ist die Prognose: Remissionsphasen sind bei Patienten mit vielen TRM-Zellen kürzer als bei Patienten mit wenigen TRMZellen.2,3 Bei Gesunden regulieren TRM-Zellen die lokale Infektionskontrolle in Schleimhautgeweben. Sie können sowohl physiologische als auch pathologische Prozesse fördern, wie z. B. bei CED: Erkennen TRM-Zellen erneut bestimmte Antigene, führt dies irrtümlicherweise nicht zu Toleranz, sondern zu Inflammation. TRM-Zellen rekrutieren andere Immunzellen, die zur Differenzierung von Effektor-Gedächtnis-T-Zellen führen, sezernieren proinflammatorische Zytokine und bewirken eine antiepitheliale Zytotoxizität. Dadurch entsteht ein Teufelskreis, der für eine weitere Antigenverschiebung prädestiniert.3,4

Mikrobiota interagiert mit TRM-Zellen

Viele CED-Antigene stammen wahrscheinlich aus der Mikrobiota – und diese interagiert intensiv mit intestinalen T-Zellen: Bei keimfreien Mäusen, die fast keine TH-17- Zellen besitzen, genügte die Besiedlung mit einer einzigen kommensalen Mikrobe, so genannten „segmented filamentous bacteria“, um das Auftreten dieser Zellen in der Lamina propria zu induzieren.5 Ähnliches wurde für regulatorische T-Zellen (Treg) beobachtet, die in der Mukosa für die Aufrechterhaltung der Immunhomöostase sorgen: Die Besiedlung des Darms keimfreier Mäuse mit Clostridien induzierte eine höhere Anzahl und verstärkte IL-10-Sekretion von intestinalen Treg, was die Tiere vor einer Kolitis schützte.6 Offenbar sind die Effektorfunktionen der T-Zellen bakterienspezifisch; das heißt, spezifische Bakterien prägen das Schicksal von T-Zellen in der Lamina propria, indem sie diese für eine bestimmte Differenzierung instruieren. Manche Bakterien induzieren nur eine bestimmte T-Zell-Untergruppe, während andere breiter wirken.6 Eine Studie untersuchte, wie intestinale T-Zellen von Gesunden und CED-Patienten auf verschiedene kommensale Bakterien reagieren. Ein Kernergebnis war, dass sich im Darm von CED-Patienten sehr viele Mikrobiota-reaktive TRM-Zellen befinden, die proinflammatorisches IL-17A sezernieren und so zur Pathogenese von CED beitragen.7

Fazit für die Praxis

Ziel künftiger Forschung ist es herauszufinden, welche mikrobiellen Bestandteile im Darmlumen die proinflammatorische Interaktion mit den TRMZellen antreiben. Die Entschlüsselung dieses Netzwerkes könnte neue Ansätze für mikrobiombasierte CED-Therapien eröffnen.

PD Dr. med. Sebastian Zundler

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Literatur:

1 Kumar BV et al. Cell Rep. 2017; 20(12): 2921-34.

2 Zundler S et al. Gut. 2019; 68(9): 1688-1700.

3 Bishu S et al. Infect Immun. 2019; 87(7): e00295-19.

4 Paap E-M. Front Immunol. 2021; 11: 623072.

5 Ivanov I. Cell. 2009; 30; 139(3): 485-98.

6 Atarashi K et al. Science. 2011; 331(6015): 337-41.

7 Hegazy AN et al. Gastroenterology. 2017; 153(5): 1320-37.

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