Morbus Crohn: Wie Darmbakterien die intestinale Fibrose beeinflussen

Newsletter Hamburger Expertenkreis – Ausgabe 2-2022

Darmbakterien können die Entstehung einer Fibrose fördern, aber auch davor schützen. Die Mechanismen erforscht Prof. Dr. rer. nat. Guntram A. Graßl, Medizinische Hochschule Hannover.

Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn entwickeln häufig eine intestinale Fibrose, die in mehr als 50 % der Fälle zu penetrierenden oder strikturierenden Komplikationen führt.1 Es gibt zunehmend Hinweise, dass Darmbakterien dabei eine Rolle spielen. Auch Infektionen mit Enteropathogenen wie Salmonellen, Campylobacter, Clostridioides difficile und Noroviren sind mit einem erhöhten Risiko für chronisch-entzündliche Darmkrankheiten (CED) assoziiert.2 Salmonellen z.B. invadieren in das Epithel und induzieren über NOD-like und Toll-like-Rezeptoren eine entzündliche Immunantwort mit der Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine. Dadurch kommt es zu einer gesteigerten Permeabilität der Darmbarriere und reduzierten Mukusschicht, was eine verstärkte Translokation luminaler Antigene nach sich zieht und eine chronische Colitis verursacht. Dass sich daraus eine Fibrose entwickeln kann, zeigen Mausmodelle mit S . Typhimurium-induzierter Colitis. Die Tiere wiesen eine 20-mal höhere Ablagerung von Kollagen und extrazellulärer Matrix in der Darmwand auf als nicht infizierte Kontrollmäuse. Zudem waren proinflammatorische und profibrotische Zytokine stark hochreguliert und ähnelten dem Muster bei Morbus Crohn.3 Die chronische Salmonelleninfektion kontrolliert außerdem eine Vielzahl an Proteasen und ihre Inhibitoren, darunter einige, die auch bei Morbus Crohn reguliert sind.4

Fibroseschutz in der Mikrobiota?

Auf der Wirtsseite beeinflussen intestinale Glykosyltransferasen sowohl die Mikrobiota als auch die Suszeptibilität für Pathogene. Die Enzyme sind für die Übertragung von Zuckerresten auf Proteine und Lipide zuständig, mit denen das Darmepithel ausgekleidet ist. Manche Bakterien nutzen sie zur Anheftung, andere als Energiequelle. Gut untersucht ist die Wirkung der Glykosyltransferase Fucosyltransferase 2 (FUT2): FUT2-Knockout-Mäuse sind vor einer persistierenden Infektion mit Salmonellen geschützt, weil ihre Fimbrien weniger Anheftungsmöglichkeiten am Epithel finden.5 Auch kommensale Bakterien interagieren mit dem Epithel und können Entzündungsreaktionen beeinflussen: Akkermansia muciniphila z.B. spalten Monosaccharide aus Mucinen ab und nutzen diese als Energiequelle. Sie wirken möglicherweise protektiv: Im Infektionsmodell konnten sie die Entzündungsreaktion und Fibroserate mindern.6

Fazit für die Praxis

Derzeit existiert keine spezifische antifibrotische Therapie. Mit der Aufklärung der auslösenden Mechanismen könnten sich jedoch Ansatzpunkte im Mikrobiom ergeben.

Prof. Dr. rer. nat. Guntram A Graßl

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Literatur:

1 D ́Alessio S. Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2022; 19(3): 169 84.
2
Axelrad JE et al. Aliment Pharmacol Ther. 2020; 51(12): 1222 32.
3 Grassl G et al. Gastroenterology. 2008; 134(3): 768 80.
4 Ehrhardt K. Inflamm Bowel Dis. 2019; 25(10): 1629 43.
5 Suwandi A et al. PLoS Pathog. 2019; July 22.
6 Derrien M et al. Microbial Pathogenesis. 2017; 106: 171 81.

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