Newsletter Hamburger Expertenkreis – Ausgabe 2024

Ein erhöhter Tryptophan-Verbrauch ist typisch bei CED und anderen Entzündungskrankheiten. Das Mikrobiom spielt dabei eine Schlüsselrolle und könnte einen neuen Therapieansatz bieten. Die Zusammenhänge erläutert Prof. Dr. med. Konrad Aden, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel.

Die essenzielle Aminosäure Tryptophan steht seit einigen Jahren im Fokus der CED-Forschung, denn ihr Stoffwechsel ist bei Morbus Crohn und
Colitis ulcerosa gestört. Konkret ist einer von drei Abbauwegen überaktiviert. Das führt zu einem erhöhten Tryptophan-Verbrauch, der sich in erniedrigten Serumwerten spiegelt – je niedriger, desto höher ist die Krankheitsaktivität.1

Tryptophan-Mangel tritt nicht nur bei CED, sondern generell bei chronischen Entzündungen auf. Das zeigt eine aktuelle Studie des Kieler Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“: Das Team bestimmte zehn Jahre lang bei fast 2.000 Personen mit diversen chronischen Entzündungskrankheiten routinemäßig den Serum-Tryptophan-Spiegel und konnte rund 30.000 Proben analysieren.2 Dabei flossen die Daten von 13 Erkrankungen ein, bei neun waren die Serum-Tryptophan-Werte signifikant reduziert, u. a. bei Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und rheumatischen Erkrankungen. Bemerkenswert war, dass Tryptophan auch bei Personen reduziert war, bei denen das C-reaktive Protein (CRP), also der etablierte Entzündungsmarker, nicht erhöht war. Das spricht dafür, dass Tryptophan als neuer Marker dienen könnte, um eine vorhandene Restentzündungsaktivität zu detektieren.

Mikrobielle Tryptophan-Metabolite im Fokus

Tryptophan ist eng mit dem Energiestoffwechsel verknüpft, sowohl im Organismus als auch in der Mikrobiota. Ein Mangel trifft die Mikrobiota empfindlich, denn sehr viele Bakterien sind auxotroph für Aminosäuren und insbesondere für Tryptophan. Das heißt, sie sind auf die externe Zufuhr dieser Aminosäure angewiesen, um wachsen zu können. Dabei wird Tryptophan mikrobiell zu diversen Metaboliten abgebaut, die nicht nur der Energieversorgung dienen, sondern auch das Immunsystem und die intestinale Homöostase regulieren.3 Ob die Gabe der fehlenden Tryptophan-Metaboliten bei CED ein neuer Therapieansatz sein könnte, um die Entzündung abzuschwächen, wird derzeit in einer klinischen Studie untersucht.

Fazit für die Praxis

Der Einsatz von Tryptophan als Marker für eine Restentzündungsaktivität kann die Entscheidung erleichtern, wann und in welcher Intensität bei CED eine medikamentöse Therapie starten sollte.

Prof. Dr. med. Konrad Aden

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Literatur:

1 Nikolaus S et al. Gastroenterology. 2017; 153(6): 1504-16.e2.
2
Harris D et al. EBioMedicine. 2024; 102: 105056.
3
Starke S et al. ISME J. 2023; 17(12): 2370-80.

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