Arzneimittelsicherheit: Was ist bei älteren Patienten zu beachten?

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Berichte aus Forschung und Praxis – kompakt zusammengefasst

Das Therapiemanagement von über 60-jährigen Patienten mit CED ist anspruchsvoll. Welche Besonderheiten und Arzneimittelrisiken sind bei dieser Patientengruppe zu berücksichtigen?

Arzneimittelsicherheit:

Was ist bei älteren Patienten zu beachten?

Ältere CED-Patienten über 60 stehen zunehmend im Fokus der Forschung. Diese Gruppe wächst, da sowohl der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung zunimmt als auch die Inzidenz von CED steigt. Einerseits werden heute mehr Patienten mit ihrer Erkrankung älter; das betrifft 10 – 30 % der CEDPatienten. Zum anderen tritt die Erkrankung häufiger jenseits des 60sten Lebensjahres auf, konkret bei 10 – 15 % der Neudiagnosen.

Die Therapieplanung für ältere CED-Patienten ist komplex. Viele haben Komorbiditäten, die zu einer Polypharmazie führen und damit das Risiko für Komplikationen erhöhen. Auch die abnehmende Immunkompetenz, Inflammaging und der Grad der Gebrechlichkeit sind zu berücksichtigen, ebenso geriatrische Probleme wie Mangelernährung, Sarkopenie, Demenz und das im Alter ohnehin erhöhte Risiko für Malignität, Infektionen, Krankenhausaufenthalte und Sterblichkeit.

Balance zwischen Wirkung und Risiken

Die meisten bei CED eingesetzten Medikamente wirken bei älteren und jüngeren Patienten ähnlich, bei der Sicherheit gibt es jedoch große Unterschiede: Für viele Wirkstoffe müssen bei Älteren eigene „Red Flags“ gesetzt werden. Die wichtigsten Fakten im Überblick:

Aminosalicylate wirken bei älteren und jüngeren Patienten vergleichbar. Die Nierenfunktion muss alle 6 – 12 Monate überprüft werden, ebenso sollte man die Compliance im Blick haben und auf Interaktionen mit Protonenpumpen-Inhibitoren, nichtsteroidalen Antirheumatika und Warfarin achten.

Corticosteroide sind bei älteren und jüngeren Patienten ähnlich wirksam. Wechselwirkungen speziell mit Fluorquinolonen und Diuretika sind zu beachten. Mit Nebenwirkungen wie Osteoporose oder Hypertonie ist zu rechnen, zudem sind Corticosteriode bei älteren CED-Patienten ein unabhängiger Risikofaktor für schwere Infektionen.

Thiopurine sind bei älteren und jüngeren Patienten vergleichbar wirksam. Bei Älteren sind Interaktionen mit ACE-Hemmern, Allopurinol und Warfarin zu beachten. Das Risiko für Nebenwirkungen wie Myelotoxizität, gastrointestinale Intoleranz und Hepatotoxizität ist bei älteren Patienten erhöht, ebenso wie für Nicht-Melanom-Hautkrebs, Lymphome und andere Malignome.

TNF-α-Inhibitoren zeigen in puncto Wirksamkeit bei Älteren keine konsistenten Daten. Einige Studien stellten eine geringere Response bei Älteren, andere eine ähnliche in allen Altersgruppen fest, aber mit dem Trend zu besserer Wirksamkeit bei Jüngeren. Das Sicherheitsprofil ist klarer: Systematische Reviews mit Metaanalyse ergaben, dass ältere Patienten unter TNF-α-Inhibitoren ein höheres Risiko für schwere und opportunistische Infektionen haben als Patienten ohne diese Therapie.

Vedolizumab hat ersten Studienergebnissen zufolge in allen Altersgruppen ein ähnliches Wirksamkeits- und Sicherheitsprofi l. Zwar fand eine Studie signifikant mehr Infektionen bei Älteren unter Vedolizumab im Vergleich zu Jüngeren. Diese Ergebnisse waren in anderen Kohorten aber nicht reproduzierbar. Eine aktuelle Studie mit fast 500 älteren CEDPatienten verglich die Risikoprofile unter Vedolizumab, 5-ASA und Corticosteroiden. Die Rate milder Infektionen war am niedrigsten in der Vedolizumab-Gruppe. Schwere Infektionen, insbesondere Pneumonien, sowie maligne Erkrankungen traten ähnlich oft unter Vedolizumab und 5-ASA auf und waren häufi ger bei Patienten, die mit Corticosteroiden behandelt wurden.

Ustekinumab hat nach ersten Ergebnissen aus kleineren Studien bei älteren und jüngeren CED-Patienten ein vergleichbares, gutes Wirk- und Sicherheitsprofil.

Tofacitinib erhöht das bei älteren Menschen erhöhte Risiko einer Herpesvirus-Infektion zusätzlich, insbesondere ab einer Dosis von 10 mg. Ältere Patienten mit rheumatoider Arthritis hatten bei dieser Dosis außerdem ein erhöhtes Risiko für eine venöse Thromboembolie einschließlich Lungenembolie. Der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA warnte im Juni 2021, dass die Einnahme von 5 mg und 10 mg Tofacitinib verglichen mit TNF-α-Inhibitoren bei über 50-jährigen Patienten mit mindestens zwei kardiovaskulären Risikofaktoren das Risiko für schwere Herz-Kreislaufereignisse und Krebs erhöht (außer Nicht-Melanom-Hautkrebs). Der PRAC rät, den Wirkstoff nicht mehr bei Patienten ab 65 Jahren einzusetzen, es sei denn, es gibt keine andere Therapiemöglichkeit. Die Empfehlung gilt außerdem für ehemalige oder aktuelle Raucher, Patienten mit kardiovaskulären und krebsfördernden Risikofaktoren.

Fazit für die Praxis

Falls notwendig, sollte eine Behandlung mit Biologika nicht verzögert werden, denn Corticosteroide sind ein Hauptrisikofaktor für Komplikationen. Jedoch sind vor dem Einsatz von Biologika oder Immunsuppressiva zusätzliche Präventionsmaßnahmen wichtig, die Risikofaktoren bei Älteren berücksichtigen, wie Komorbiditäten, Polypharmazie oder Mangelernährung. Darüber hinaus sollte man mit den Patienten besprechen, welche Therapieziele realistisch sind.

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Quelle:

Vortrag Triana Lobatón Ortega, Belgien: “Drug safety in the elderly patients with IBD” am 09.07.2021.

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